Montag, 18. Mai 2020

Stöckchen: Über den magischen Ort für Filme, #Kinoliebe

Dieses Stöckchen habe ich bei Wortmann im Blog gefunden; ursprünglich stammt es von Nadine drüben bei Wörter auf Reisen. Als Filmfan muss ich da einfach mitmachen, deshalb hier mein Senf.

Das Kino als magischer Ort - früher stimmte die Bezeichnung für mich durchaus. Damals gab es in der Schweiz (wo ich aufgewachsen bin und noch immer lebe) noch "Landkinos"; fast jedes zweite Dorf besass ein Lichtspielhaus. Das war in Siebzigerjahren.
Heute sind sie alle verschwunden, bis auf wenige Ausnahmen, die aber nur dank gewitzen Geschäftsmodellen überleben können (eines dieser Kinos hat z.Bsp. ein dazugebautes Hotel, aus dessen Zimmern man einen exklusiven Blick auf die Kinoleinwand hat).
Heute gibt es Kinos fast nur noch in den Städten, doch die sind architektonisch alle ziemlich vereinheitlicht: Langweilig quadatisch, mit quietschbunten Foyers, die Markthallen gleichen.
Charme kann ich da kaum mehr finden. Zauber schon gar nicht.
Ich kenne tolle, charmante, höchst originelle Kinos in Deutschland. Keine Ahnung, ob diese da "Alltag" sind - in der schweizerischen Kinoszene herrscht jedenfalls Einfalls- und Lieblosigkeit.
Auch das Programm scheint mir vereinheitlicht und gesichtslos- überall laufen dieselben Kassenknüller.
Das war früher noch etwas anders - da konnte ein Kinobetreiber sein Programm noch bis zu einem gewissen Grad selbst bestimmen. Es gab noch richtig schöne, alte "Kinotempel" aus den 50er- oder gar den 30er-Jahren. Fast alle abgerissen!
Die Filmkultur wurde noch lebendig gehalten (ich erinnere mich, dass in meinen Kindertagen immer wieder auch alte Filmklassiker gespielt wurden: Frankenstein etwa von 1931, African Queen oder Lawrence of Arabien). Das ist heute vorbei - damit lockt man kaum mehr Leute ins Kino.
Die Zeit der magischen Kinotempel ist vorbei. Die Magie des Filmes nicht.

Was war dein erster Kinofilm?
Das war eine Kompilation von Disney-Kurzfilmen zum Thema Musik; ich habe mal nach dem Titel geforscht, aber nichts gefunden. Aber ich war damals schwer beeindruckt. Da waren einige der grandiosen Silly Symphony-Cartoons dabei und ein oder zwei Cartoons mit Donald Duck und Mickey Mouse. Seither bin ich ein Fan der alten (1928 - 1972) Disney-Trickfilme.
Dieser hier (hergestellt 1935), der in der Kompilation mit dabei war, hatte mich besonders schwer beeindruckt:


Was war dein letzter Kinofilm?
Hmm... Hmmm...
Achso, ja: Der neue Star Wars. Ist schon verblasst. Hat mich nicht begeistert... Aber mein Sohn (20) ist Fan.

Wie oft gehst du ins Kino?
Immer seltener. Gründe siehe weiter unten.
Früher war ich wohl täglich im Kino. Wegen der Filme. Heute ist der Kinogang eher ein sozialer Anlass. Aber ich lade die Freunde lieber zum Essen ein - im Kino kann man sich so schlecht unterhalten... ;-)

Bist du als Kind/Jugendliche in einen Film gegangen für den du nach FSK zu jung warst?
Nö. Nie. Pfadfinderehrenwort!

Welcher war der schlechteste Film, den du im Kino gesehen hast?
Au, jetzt wird's schwierig. In meinen Kritikertagen habe ich derart viel Mist anschauen müssen...

Multiplexkino oder Programmkino?
Ganz klar: Programmkino. In Zürich gibt es das Filmpodium, das sich der Filmgeschichte verschrieben hat - das ist genau meine Wellenlänge! Die Inneneinrichtung stammt aus den 50er-Jahren und wurde vor kurzem restauriert.

Dort drin hockt man meist mit lauter Kino-Nerds zusammen, Popcorn und ähnliche Gräuel sind streng verboten.
Es gibt wiederkehrende Filmreihen wie etwa die jährlichen Stummfilmwochen (mit Livemusik-Begleitung) oder die jährliche Filmschau des afrikanischen Kinos.
Und sonst: Reihen mit Filmen bekannter oder unbekannter Regisseure, Schauspielerinnen, Schauspieler - das Filmpodium ist lebendige Filmgeschichte von den Anfängen des Kinos bis heute. Ein wahrlich magischer Kino-Ort.

Hast du schon ein Filmevent im Kino besucht?
Stummfilmvorführungen mit Live-Musik-Begleitung.
Früher ab und zu Filmpremieren für die Presse im Beisein einiger Stars oder des Regisseurs.

Hast du schon eine Sneak Preview besucht? Magst du sie?
Nein, noch nie.

Warst du schon auf einem Filmfestival?
Ja, ich habe das Trickfimfestival "Fantoche" im schweizerischen Baden besucht - irre!
Und vor zwei Jahren war ich am Filmfestival in Locarno.

O-Ton oder Synchro?
O-Ton!
O-Ton!
O-Ton!
O... äh, ok.
Die Stimme der Schauspielerin, des Schauspielers ist ein genauso wichtiges Ausdruckmittel wie die Mimik oder die Gestik. Deren Nuancen verschmelzen mit der Rolle, die verkörpert wird. Das lässt sich nicht ersetzen. In keinem Fall! Ich habe noch nie eine Synchronisation gehört, die das geschafft hat.
Es ist natürlich von Vorteil, wenn man gut Englisch versteht. Aber die Synchro ist und bleibt eine Krücke.
Gibt es Filme, in denen es keine Rolle spielt? Höchstens schlechte Filme mit schlechten Schauspielern.

Bist du schon mal im Kino eingeschlafen?
Einmal. Das lag aber nicht am Film.
Es war Woody Allens "Broadway Danny Rose" (1984). Ich war auf dem Nachhauseweg nach einer anstrengenden Woche Militätrdienst (der in der Schweiz obligatorisch ist) und machte in Zürich Zwischenhalt, weil ich diesen Film sehen wollte.
Plötzlich habe ich nichts mehr verstanden und fand, die Handlung vollführe wilde Sprünge...
Ich war einfach völlig übermüdet.
Ist mir danach nie mehr passiert.

Was war dein schönster Moment im Kino?
Als an meinem zehnten Geburtstag ausgerechnet mein Lieblingsfilm (Disneys "Pinocchio") im Kino in der Nähe gespielt wurde - und ich von einem Freund, der mitgekommen war auch noch zwei Asterix-Bände geschenkt gekriegt habe.

Popcorn oder Nachos?
Nichts von beidem!!! Ich hasse es!!
Weshalb müssen im Kino alle mampfen, knuspern, knistern?! Und dann der Geruch - Nachos? Uäääähh!!
Ich weiss nicht, wann sich das eingebürgert hat. Es geschah schleichend.
Zu meiner Zeit konnte man in der Pause Eis oder Bonbons kaufen. Aber doch nicht schon vor dem Film!!
Mich lenkt das pausenlose Gemampfe mancher Kinobesucher total vom Film ab. Ich weiss, für die Jugend gehört das heute zum  Kinoerlebnis. Das haben die Kinobetreiber schlau eingefädelt und etabliert - deren Hauptverdienst machen die Verkäufe von Esswaren und Getränken aus.
Dieser Umstand hat mir das Kino verleidet - traurigerweise. Es ist zum lieblosen Konsumtempel geworden, in dem der Film zur Nebensache geworden ist.
Die gesichtslose moderne Kinoarchitektur unterstreicht diesen Eindruck: Heute sieht - zumindest in meiner Umgebung - jedes Kino gleich aus; nur die Wandleuchten hängen jeweils etwas anders.

Der letzte Film bei dem du im Kino geweint hast?
Der neuste Star Wars - weil der so schlecht war.
Nein, im Ernst: Das letzte Mal war wohl im Pixar-Film "Alles steht Kopf", als das Kuscheltier Bing Bong "starb"...

Dein nervigster Kinomoment?
Vor kurzem, als sich in den Sitzen neben mir drei Jugendliche ständig lautstark miteinander unterhielten - und auch während des Hauptfilms nicht damit aufhörten.
Ich hatte sie dann freundlich, aber bestimmt darauf hingewiesen, dass andere sich gern auf den Film konzentrieren möchten. Hat sogar genützt.

Gehst du auch öfter für den gleichen Film ins Kino?
Selten; früher ja, wenn ich einen Film so toll fand, dass ich ihn unbedingt meinen Freunden zeigen wollte. Der erste "Zurück in die Zukunft" war so einer (ja, so alt bin ich schon...). ET; Der Elefantenmensch; Zelig; The Purple Rose of Cairo....

Hast du auch schon Filmklassiker auf der Leinwand gesehen?
Viele (siehe unter "Multiplex oder Programmkino?").

Was bedeutet Kino für dich?
Vor allem  und meist Enttäuschung. Tut mir leid, ist inzwischen aber so.
Ich habe oben schon ausgeführt, dass die Kinos zu billigen Konsumtempeln verkommen sind. Die Liebe zum Film ist, wenn überhaupt, noch in kleinen Programmkinos spürbar. Die heutige Verleihsituation mit ihren elenden Knebelverträgen verunmöglicht für eine individuelle Programmation, den Kinobetreibern wird das Programm regelrecht diktiert.
Vielleicht ist das einigen zu pessimistisch; die Kinolandschaft in der Schweiz ist - bis auf wenige Ausnahmen - nunmal eine Wüste. Ich hoffe, das sei in Deutschland besser...!

So, und bist Du an der Reihe; wer das Stöckchen aufhebt und in seinem Blog einbaut, möchte doch so nett sein und bitte auf die Urheberin Nadine (s. oben) und auf mich verlinken. Danke - und viel Spass mit Nadines Fragen!

3 Kommentare:

  1. Das meiste was in die Kinos kommt, ist eh nix für mich. Deswegen gehe ich auch kaum noch ins Kino - zumindest für mich. Mit Junior war ich letztes Jahr oft im Kino.

    Du hast schon Recht: Die heutigen Kinos sind nur noch Konsumtempel, wo das Drumrum manchmal wichtiger ist, als der laufende Film.

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    1. Dann ist das in deutschen Landen also dasselbe Elend...
      Schade, ich hatte gehofft.

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  2. Die kleinen Programmkinos mit außergewöhnlichem Ambiente gibt es natürlich auch noch und dort laufen dann glücklicherweise auch die nicht so großen, popcornlastigen Blockbuster. Dort bin ich gern, wenngleich ich aber auch ab und an den Weg in die Konsumtempel finde, um mich einfach stupide unterhalten zu lassen. Das brauche ich dann doch auch gelegentlich...

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