Da ich im Moment kaum Filme schaue, dafür mehr lese, gibt es hier nun auch Buchbesprechungen von mir.
Ich lege los mit einem vergessenen Klassiker der Science-Fiction.
Originaltitel: Lord Valentine's Castle (1979)
Erster Teil der "Chroniken von Majipoor"
Genre: Fantasy / Science-Fiction
Preise: Hugo und Locus Award 1981
Uebersetzer: Thomas Schlück
Deutsche Ausgabe bei Möwig-Verlang (1980)
Seitenzahl: 588
Zum Buch:
"Krieg der Träume" ist der erste Roman
aus Robert Silverbergs berümtem Majipoor-Zyklus. Dieser besteht aus acht Teilen; sie sind zwischen 1980 und 2013 erschienen.
Inhalt:
Die
Geschichte beginnt mit Valentine, der sich in der Nähe der Stadt
Pidruid allein auf einem gebrigigen Pfad wiederfindet und nicht weiss,
wer er ist und woher er kommt. Er trifft auf den Hirten Shanamir, der auf dem Weg
ist, seine Herde in Pidruid zu verkaufen. Gemeinsam begeben sie sich in
Richtung der Stadt, die sich in Erwartung des Planeten-Regenten, Coronal
Lord Valentine, festlich geschmückt hat.
Die beiden Wanderer treffen
auf einen Trupp Gaukler, die Valentines bislang verborgenes
Jonglier-Talent entdecken und ihn und Shanamir bei sich aufnehmen.
Auf
ihrer langen Tournee durch den Kontinent Zimroel wird Valentine immer
wieder von rätselhaften Träumen heimgesucht; Träume haben auf Majipoor
grossen Stellenwert und unterliegen, je nachdem, ob sie vom König der
Träume von von der Lady der Trauminsel stammen, unterschiedlichen
Deutungen.
Dank der Träume verfestigt sich der Verdacht, dass
Valentine der eigentliche Coronal ist, in den Körper eines Anderen
versetzt, während der amtierende Herrscher sich zunehmend als Usurpator
entpuppt.
Lange vermag Valentine nicht recht zu glauben, dass er zu Höherem
berufen sein soll, doch seine Freunde und einige wichtige Begegnungen
überzeugen ihn im Laufe der Geschichte vom Gegenteil.
So nimmt eine Odyssee durch
die farbigen, vielfältigen Landschaften und Kontinente Majipoors ihren
Lauf, die zum Ziel hat, den Thron mit dem rechtmässigen Herrscher
zusammenzubringen.
Mein Eindruck:
Robert Silverberg (*
1935) hat eine Fülle von Science-Fiction Romanen verfasst, darunter die
sogenannten "Majipoor-Chroniken", Romane, die in einem frei erfundenen,
nicht näher lokalisierten Planetensystem spielen. Krieg der Träume ist davon der erste.
Der
Planet Majipoor ist eine riesige Welt mit Meeren und
Kontinenten, die von verschiedenen Wesen - u.a. auch von Menschen - in
friedlicher Ko-Existenz bewohnt wird. Majipoor wird seit tausenden von
Jahren von einem Coronal und einem Pontifex regiert, wobei der auf einer
Burg hoch über den Wolken thronende Coronal die für alle Bewohner
sichtbare Regierungsmacht darstellt, und der Pontifex, jeweils ein
abgedankter Coronal, die Geschicke des Planeten aus einem tief im
Erdinnern verborgenen Labyrinth lenkt.
Träume spielen eine wichtige
Rolle auf Majipoor, sie bestimmen zu einem grossen Teil das Leben und die
Entscheidungen aller Bewohner des Planeten.
Zuvorderst
fällt beim Lesen der Umstand ins Auge, wie farbenfroh, sprachlich
interessant und detailliert Silverberg die verschiedenen Zivilisationen
und Volksbräuche beschreibt; auch die exotischen Landschaften, die
fremdartige Flora und Fauna, kurz: die ganze Schönheit der Welt erwacht
dank einer liebevollen Schilderung und der unerschöpflichen
Detailfreude des Autors zum Leben.
Vor diesem Hintergrund bleibt unverständlich, wie die
Verlagsverantwortlichen gleich zwei ausgesucht hässliche,
nichtssagende, der
Geschichte komplett unangemessene Titelbilder wählen konnten (je eins
für die Auflagen eins und zwei, s. Bilder oben und unten; siehe zum
Vergleich die Titelbilder zweier englischsprachiger Ausgaben weiter
unten im Text).
Titelbild der zweiten Auflage |
Der
deutsche Titel ("Krieg") suggeriert zudem Gewalt und Action - beides
fehlt fast
gänzlich in diesem Buch. Dasselbe gilt für das heute schon fast
obligatorische gut-Böse-Schema: Echte Bösewichte sucht man vergebens,
Silverbergs
Personal (Valentines stetig wachsende Gefolgschaft) besteht aus lauter
fehlbaren, aber liebenswürdigen, bisweilen verschrobenen Charakteren,
tentakelbewehrten
Zauberern, knurrigen vierarmigen Pelzwesen und ganz normale Menschen mit
Schwächen und Macken. Diese Figuren versteht Silverberg wunderbar
lebendig zu beschreiben, sie wachsen einem ans Herz - allen voran der
Hauptprotagonist Valentine.
Bis auf wenige kurze Sequenzen spielt die Technik kaum eine Rolle in der Geschichte; Krieg der Träume könnte glatt unter dem Label "Fantasy" veröffentlicht werden; er ist zu 95 % Prozent Fantasy- und zu 5 % Science-Fiction-Roman. Die Fahrzeuge, eine das Klima verändernde Maschine und ein medizinisches Lebenserhaltungssystem sind die einzigen Ingedienzien, die auf eine hoch entwickelte Technik hinweisen. Trotzdem wird er auch in den USA der Science-Fiction zugeschrieben.
Fazit:
Krieg der Träume
lässt sich auch heute noch sehr gut lesen; ich fand die Lektüre sehr
spannend, anregend und interessant, und zwar aufgrund des zwar
gemächlichen, aber nichtsdestotrotz hervorragend aufgebauten
Spannungsbogens, der herrlichen Figurenzeichnung und der phantasievollen
Schilderungen; das Eintauchen in diese fremde, exotische Welt macht
richtig Spass.
Wer aber ohne permanente Action, Weltraumschlachten,
Gut-Böse-Schema nicht bei der Stange bleiben kann, der sollte besser die
Finger davon lassen.
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