When Worlds Collide (dt.: Der jüngste Tag, 1951)
Mit Richard Derr, Barbara Rush, Peter Hansen, Larry Keating, John Hoyt, Hayden Rorke, Stephen Chase, u.a.
Drehbuch: Sydney Boehm nach einem Roman von Edwin Balmer und Philip Wylie
Regie: Rudolph Maté
Musik: Leith Smith
Kamera: W. Howard Greene und John F. Seitz
Genre: Science-Fiction, Action
Studio: Paramount
Kino/TV-Auswertung im deutschsprachigen Raum: Kino-Premiere im Mai 1952
Dauer: 88 min
Farbe: color
Als ein Wissenschaftler eines Observatoriums in Südafrika verlauten lässt, dass nach seinen Berechnungen ein Planet namens Bellus und dessen Trabant Zyra auf die Erde zurasen und eine Kollision unausweichlich sei, wird er von der Fachwelt zunächst ausgelacht. Als man seine Prognose bestätigt, wird mit der finanziellen Hilfe einiger Millionäre eine riesige Rakete gebaut, welche 40 Menschen und eine Vielzahl von Tieren nach Zyra bringen soll, denn auf dem Trabanten sollen erdähnliche Bedingungen herrschen. Fieberhaft wird gebaut, während der Countdown läuft und das Ende der Welt unaufhaltsam näher rückt...
Von schlecht gealterten Filmen heisst es oft, zur Zeit ihrer Entstehung hätten sie eine ganz andere Wirkung gehabt. Was uns Heutigen an alten Science-Fiction-Filmen altbacken und handgestrickt vorkomme, hätte damals den aufregenden Geruch des Neuen gehabt.
Nachdem ich When Worlds Collide gesehen habe, kann ich mir nicht vorstellen, dass dieser Film nicht bereits 1951 keinen guten Eindruck machte. Die Tricktechnik ist ja nur eine Komponente. Das Drehbuch ist eine andere - und hervorragende Drehbücher gab es damals schon. Ein schlechtes fiel gewiss auch 1951 als solches auf.
Kritiker Bosley Crowther von der New York Times berichtete von der Filmpremiere: "[...] the drowsy audience at The Globe, where the film opened yesterday, showed slight interest. It appeared sceptical and even bored." Das Premierenpublikum wirkte skepisch und gelangweilt.
Drehbuchautor Sydney Boehm war offensichtlich mit der Aufgabe überfordert, die zahlreichen kühnen Gedanken und spannungsreichen Elemente der Vorlage unter einen
Hut zu bringen. Es waren zuviele für einen Film.
Allein die Reaktionen von Gesellschaft und Politik auf die herannahende Gefahr wäre bereits abendfüllend; das moralische Dilemma der Selektion (wer darf mit in die Rakete?) ebenfalls; die psychischen Auswirkungen des Wissens um das nahe Ende der Erde hätte einen weiteren Film ergeben. Dann sind da ja noch die Verheerungen, welche das Vorbeiziehen des Mondes auf der Erde verursacht und die Reaktionen darauf; der Wettlauf der Raketenbauer gegen die Zeit, der Aufstand der Zurückgelassenen; schliesslich das Zurechtfinden in der neuen Welt.
All diese Themen tippt Boehms Drehbuch an, zum Vertiefen bleibt aber keine Zeit. So entfaltet sich weder richtige Spannung noch kann das Gefühl echter Bedrohung aufkeimen.
Der Film konzentriert sich ab der zweiten Hälfte auf die äusserlichen, Spannung versprechenden Elemente - und wirft dabei den menschlich-gesellschaftlichen Faktor, der untrennbar mit der Thematik verbunden ist, über Bord; dies führt dazu, dass man jegliches Interesse an den Schablonen-Figuren auf der Leinwand verliert. Eine mehr als oberflächliche Charakterzeichnung der Hauptprotagonisten gibt es nicht.
Beinahe atemlos hetzt der Streifen von einem Thema zum nächsten hakt hier was ab und dort etwas. Irritierenderweise und scheinbar widersinnig werden dagegen zwei über Gebühr in die Länge gezogene Sequenzen eingeschoben, die sich im Nachhinein auch noch als überflüssig erweisen - die Rettung eines kleinen Jungen und der lange Disput der Wissenschaftler um die Zuverlässigkeit der eingangs erwähnten Katastrophen-Prognose.
Falls je ein Remake des Streifens in Erwägung gezogen wird, man müsste es als Mini-Serie konzipieren; in dieser Form könnte die Vorlage, ein Roman aus den Dreissigerjahren, das darin vorhandene Potential besser entfalten.
Allerdings müsste vorher einiger Blödsinn ausgeräumt werden, der in der Verfilmung von 1951 - im Unterschied zum Buch - vorhanden ist; etwa den Umstand, dass sich bei den den Auserwählten zwar verschiedene Tierrassen finden, bei den Menschen aber nur eine Nation und einer Rasse berücksichtigt wurde (wie lange dauert es wohl, bis sich die antirassistische Gesinnungs-Polizei auf den Film einschiesst?). Oder die Tatsache, dass keiner von den Auserwählten den auf der Erde Zurückbleibenden, dem Tode Geweihten auch nur einen Gedanken widmet, geschweige denn eine Träne nachweint. Oder dass die Erdbevölkerung richtiggehend besonnen auf ihr Ende zudämmert.
Auch die weihevolle, zaunpfahlartige Bibel-Analogie, welche die ersten Filmminuten ziert und daran erinnert, dass ursprüglich Cecil B.DeMille den Film machen wollte - sie darf auch ausgelassen werden; so begriffstutzig sind die Zuschauer auch wieder nicht, als dass sie aus der Handlung heraus nicht selbst darauf kommen würden.
Die unbefriedigen erzähltechnischen Umsetzung ist das Eine; auf der visuellen Ebene hat When Worlds Collide mehr zu bieten. Die Bildgestaltung ist faszinierend und die satten, charakteristischen Technicolor-Farben werten diese noch auf - der Film ist eine Augenweide.
Tricktechnisch ist er auf der Höhe der Zeit, man merkt, dass Stop-Motion-Spezialist George Pal (Kampf der Welten, Die Zeitmaschine) auf dem Produzentenstuhl sass. In diesem Bereich hat der Film denn auch einige durchaus starke Momente; die Raketenabschussrampe und der Blick auf die geflutete Stadt New York sind tricktechnisch auch aus heutiger Sich verblüffend gut gelungen.
Vor diesem Hintergrund erstaunt dann aber wieder das amateurhate Schlussbild, das Panorama, das sich den Flüchtlingen von ihrer neuen Heimat präsentiert. Es ist deutlich als simple Zeichnung zu erkennen.
Pal musste hier einen Kompromiss eingehen: Weil das Studio Druck aufsetzte, fehlte den Machern die Zeit, den von Chesley Bonestell angefertigten Sketch in eine Miniaturlandschaft zu überführen. Das Studio wolle vom Oscar-Gewinn profitieren, der Pals Vorgängerfilm just gegen Ende des Drehs von When Wolds Collide zuteil wurde und änderte den Permierentermin des neuen Films.
Manche heben gerne hervor, When Worlds Collide sei ein Vorläufer der Katastrophen-Filme, die in den 70er-Jahren im US-Kino so populär waren. Hier wie dort stand jeweils eine Gruppe Menschen und deren Reaktionen auf eine Gefahr im Zentrum oder deren Zusammenwachsen im Angesicht der Katastrophe.
Die Katastrophenfilme der Siebzigerjahre waren gleichzeitig ein Revival des All-Star-Films der Dreissigerjahre (wie etwa Menschen im Hotel). In When Worlds Collide fehlen die Stars gänzlich - es handelt sich gar um einen veritablen "Null-Star-Film". Die Namen der beiden Hauptdarsteller waren schon damals kaum bekannt und sind heute völlig vergessen. Unnötig, zu sagen, dass der Film schauspielerisch nicht viel zu bieten hat.
Produzent George Pal und Regisseur Rudolf Maté besassen im Unterschied zu den Darstellern durchaus einen gewissen Bekanntheitsgrad. Maté hatte als geschätzter
Kameramann einigen bekannten Filmen (von Dreyers Vampyr über Lubitschs To Be or Not To Be bis zu Orson Welles Lady from Shanghai) zu ihrem guten Aussehen verholfen, bevor er 1947 ins Regiefach wechselte.
George Pal dagegen, wie Maté Ungar, war berühmt für seine Stop-Motion-Kurzfilmserie Puppetoons, die ebenfalls bis 1947 lief, worauf Pal sich - zunächst als Produzent, später auch als Regisseur dem Langfilm zuwandte; Anfangs der 50er-Jahre produzierte er hintereinander die Science-Fiction-Streifen Destination Moon (dt.: Endstation Mond / Rakete zum Mond, 1950), When Worlds Collide und The War of the Worlds (dt.: Kampf der Welten, 1953), was von einigen als Trilogie gedeutet wird.
Der jüngste Tag erschien 2009 im deutschsprachigen Raum auf DVD - inzwischen ist die Scheibe vergriffen und nur noch antiquarisch erhältlich.
Der Film kann aber bei verschiedenen Anbietern im Stream angeschaut werden - hier die Liste.
Michael Scheck
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen