Mittwoch, 10. Februar 2021

Seh-Empfehlung 21: Reise aus der Vergangenheit (Now, Voyager, 1942)

Originaltitel: Now, Voyager
Deutscher Titel: Reise aus der Vergangenheit (TV-Premiere Juni 1978)
Mit Bette Davis, Paul Henreid, Gladys Cooper, Claude Rains, Ilka Chase, John Loder u.a.
Regie: Irving Rapper
Drehbuch: Casey Robinson nach dem Roman von Olive Higgins Prouty
Studio: Warner Bros
Dauer: 117 min

Mit gemischten Gefühlen legte ich diesen Film ein: Eine Liebesschnulze aus den Vierzigerjahren?
Begeistert schaltete ich am Ende den Beamer aus.

Gleich zu Beginn werden wir Zeugen eines Psychodramas, das sich in einer einflussreichen, alteingesessenen Bostoner Familie abspielt. Lisa Vale (Ilka Chase), älteste Tochter des Vale-Clans, besucht die verwitwete und verbitterte Mutter (Gladys Cooper) in ihrer grossherrschaftlichen Villa - mit einem Psychiater im Schlepptau und einem Hintergedanken. Sie will ihrer neurotischen Schwester Charlotte (Bette Davis) helfen, die seit ihrer Kindheit unter der lieblosen und herabwürdigende Behandlung der Mutter litt und darob zur linkischen Jungfer geworden ist. Dr. Jaquith (Claude Rains) soll Charlotte helfen, vom eisernen Regime der Frau Mama loszukommen und eine selbständige Persönlichkeit entwickeln.

Das klingt schon zu Beginn nicht nach Liebesschnulze...! Aber Geduld - es kommt schon noch soweit. 

Nach einem längeren Aufenthalt in Dr. Jaquiths Sanatorium ist Charlotte soweit, auf eigenen Beinen zu stehen. Sie unternimmt eine Kreuzfahrt... und lernt dort den überaus sympathischen Jeremiah Durrance (Paul Henreid) kennen. Dieser ist allerdings verheiratet und hat zwei Töchter. Ein Ausflug, der unvermutet zum Abenteuer wird, bringt die zwei einander näher. Obwohl aus der anfänglichen Zuneigung etwas Tieferes geworden ist, beschliesst man, seiner Wege zu gehen.

Aha! Also doch eine Liebesschnulze! Die beiden trennen sich und es wird tragisch...

Wieder falsch!
Charlotte ist durch den inspirierenden Kontakt mit Jeremiah vollends gesund geworden. Sie fühlt sich kräftig genug, um zur Mutter zurückzukehren. Und nun nimmt das Psychodrama seinen Lauf, oder besser: Es wird zum Psychokrieg, denn Charlotte lässt sich nicht mehr alles gefallen...

Doch da ist der Film noch nicht fertig, und natürlich tritt Jeremiah erneut in Charlottes Leben, doch Now, Voyager hält noch einige weitere Überraschungen bereit...! 

Der von Irving Rapper gedrehte Film ist untypisch für eine grosse Hollywood-Studioproduktion der Vierzigerjahre. Doch Warner Bros. waren dafür bekannt, alles ein wenig anders zu machen als die anderen Studios. Wenn das auf harte realistische Storys spezialisierte Produktionsfirma ein Liebesdrama ankündigte, war meist mehr dahinter. Hier wächst es sich zur Reise in die Selbstbestimmung einer Frau aus, die am Schluss so weit erstarkt, dass sie sich nicht, wie zahllose Frauenfiguren jener Zeit, als Anhängsel des angeschmachteten Mannes definiert. Sie entscheidet sich für die Liebe, aber anders, als man damals dachte. Und auch heute noch verblüfft und rührt der unkonventionelle Schluss.

Bis es soweit kommt, erlebt der Zuschauer einen hervorragend gemachten Film. Drehbuch und Regie sind glänzend, aber auch die zugrundeliegende Geschichte der Romanvorlage ist stark. Die Figuren überzeugen, sie sind lebendig gezeichnet und tragen die Geschichte, sie bleibt dadurch immer spannend.

Bei uns gab's den Film sogar mal auf DVD - diese ist inzwischen nur noch antiquarisch erwerbbar.

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