Sonntag, 7. März 2021

Wahnsinnige Liebe (1935)

USA 1935
Originaltitel: Mad Love
Mit Peter Lorre, Frances Drake, Colin Clive, Ted Healy, Sara Haden, Keye Luke u.a.
Drehbuch: P.J. Wolfson und John L. Balderston
Regie: Karl Freund

Vor der Sichtung:
Frankenstein, Dracula, Frankensteins Braut, Das alte Finstere Haus, Die Mumie - all diesen Titeln ist eines gemeinsam: Sie stammen aus dem Universal Studio und gehören zu dessen legendärer Horror-Film-Serie aus den Dreissigerjahren. Mad Love hingegen stammt aus dem Hause Metro-Goldwyn-Mayer, das damit auf den Universal-Erfolgszug aufspringen wollte.
Bei dem Film handelt es sich um ein erweitertes Remake des berühmten deutschen Stummfilms Orlacs Hände, in welchem einem von Conrad Veidt gespielten Pianisten nach einem Unfall die Hände eines Mörders angenäht werden. Mad Love wurde hinsichtlich der Figurenkonstellation erweitert - hier steht nicht der Pianist im Zentrum, sondern der Arzt, der ihm die Hände operiert.
Obwohl ich mit Horror sonst wenig am Hut habe, finde ich die (im Vergleich zu heute harmlosen) Horror-Filme der Dreissigerjahre dank ihrer eigenwilligen stummfilm-nahen Stilistik sehr reizvoll. Mad Love stand noch unter der Aegide des genialen, früh verstorbenen MGM-Produzenten Irving Thalberg, unter dessen Szepter erstaunliche Filmwerke entstanden. Und Peter Lorre beim Schauspielern zuzuschauen lohnt sowieso immer. Mad Love war Lorres erster Hollywood-Film und er heimste für die Rolle des irren Chirurgen viele Lor(re)beeren ein. Karl Freund beendete mit diesem Werk seine Regiekarriere; er kehrte zu seinem angestammten Beruf als Kameramann zurück und wirkte als solcher an vielen berühmten Hollywood-Klassikern mit.

Inhalt:
Der geniale Chirurg Dr. Gogol (Peter Lorre) ist ein regelmässiger Gast im "Theater des Grauens", wo er sämtliche Auftritte der von ihm verehrten Schauspielerin Yvonne Orlac (Frances Drake) als Ehrengast mitverfolgt. Als er erfährt, dass sie verheiratet ist, lässt er die Wachsfigur Yvonnes, die zu Werbezwecken im Theaterfoyer steht, zu sich nach Hause bringen. In seiner ungestillten Sehnsucht stellt er sich vor, Pygmalion zu sein und die Figur zum Leben zu erwecken. Als Yvonnes Gatte, der Konzertpianist Stephen Orlac (Colin Clive) bei einem Unfall seine Hände verliert, ersucht Yvonne Dr. Gogol um Hilfe. Im ehrlichen Willen zu helfen, transplantiert Gogol dem Pianisten die Hände eines zum Tode verurteilten Messerwerfers. Nach anfänglicher Besserung, macht sich beim Pianisten allmählich ein unbändiger Drang bemerkbar, mit Messern zu schmeissen.
Da sieht Gogol plötzlich eine Möglichkeit, sich des Gatten seiner Geliebten zu entledigen...

Nach der Sichtung:
Wie erwartet, ist der Horror-Anteil in diesem Film minimal - da ist bedeutend mehr Komödie drin als Grauen. Damals war es eher das Setting, welches einen Film dem Horror-Genre zuordnete, das vom deutschen Stummfilm übernommene Spiel mit Licht und Schatten, die grotesken Kulissen und schiefen Kamerawinkel. All dies beherrschte Regisseur Karl Freund als ehemaliger Kameramann des deutschen Stummfilms perfekt. Seine sorgfältige und atmosphärisch dichte Inszenierung ist denn auch für einen Grossteil der Faszination verantwortlich, den Mad Love noch heute ausübt. Für den verbleibenden Teil ist Peter Lorre verantwortlich, der den ausgefallenen Hauptcharakter mit der ihm eigenen Mischung aus subtilem und expressionistischem Spiel lebendig macht. Man verspürt einerseits wachsendes Unbehagen diesem seltsamen Chirurgen gegenüber, gleichzeitig vermag Lorre aber, Mitgefühl für seine Figur zu wecken. Auch das Drehbuch muss als gelungen bezeichnet werden, da es die Geschichte von Maurice Renard mittels geradliniger Erzählweise und mit
viel Dialogwitz genau auf den Punkt bringt.
Leider erwies sich die Besetzung des Pianisten mit Frankenstein-Darsteller Colin Clive als unglücklich; Clive hat sichtlich Mühe mit der expressiven Spielweise, die hier von ihm verlangt wird - in den stilleren Momenten ist er glaubhafter, doch insgesamt fällt der Film mit seinem Erscheinen immer etwas ab.

Fazit: Mad Love ist ein höchst unterhaltsamer, künstlerisch gelungener Film, der vor allem Freunde des frühen Kinos erfreuen dürfte.


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