Samstag, 6. Mai 2023

Something in the Wind (1947)


Regie: Irvin Pichel
Drehbuch: Harry Kurnitz und William Bowers
Mit Deanna Durbin, John Dall, Donald O'Connor, Margaret Wycherly, Jean Adair, Charles Winninger, Helena Carter, Jan Peerce u.a.


Heute kommt hier ein weiterer Film ohne deutschen Verleihtitel zur Sprache - Something in the Wind kam nie in die deutschen Kinos und offenbar lief er auch nie im Fernsehen. Dessen Star, die singende Schauspielerin Deanna Durbin, hatte im deutschsprachigen Raum nie den Stellenwert, den sie im Rest der Welt genoss, wo sie jedes Kind kannte. Winston Churchill war ein bekennder Fan, ebenso Anne Frank und - der russische Cellist Mstislav Rostropowitsch.

Deanna Durbin in "Something in the Wind"

Durbin drehte zwischen 1936 und 1948 rund 20 muntere Musicalfilme, danach zog sie sich überraschend und vollständig aus dem Showbusiness zurück (was damals gar nicht so ungewöhnlich war). Der Zeitpunkt ihres Rückzuges erklärt vielleicht den blinden Durbin-Fleck Deutschlands: Kurz nachdem Hollywood dort wieder Fuss zu fassen begann, war sie von der Bildfläche verschwunden.

Schaut man sich Something in the Wind - ihren drittletzten Film - heute an, sieht man eine charismatische, talentierte junge Schauspielerin/Komödiantin/Sängerin (sie war damals 26 Jahre alt), welche einen Film mühelos trägt. Durbin überzeugt mit einer bodenständig-ironischen Art, welche ihr Sweetheart-Image auf überraschende Weise konterkariert; überraschend jedenfalls für mich, war dies doch meine erste Begegnung mit dem damaligen Star.

Donald O'Connor, Deanna Durbin & John Dall

Offenbar habe ich für den Erstkontakt eines ihrer schwächeren Werke erwischt, wie ich im Nachhinein einigen Kritiker- und Fan-Aussagen entnehmen konnte.
Something in the Wind glänzt nicht mit Originalität, die Geschichte entwickelt sich etwas umständlich und die Funktion und Besetzung einiger Nebenfiguren erschliesst sich dem Zuschauer nicht immer auf befriedigende Weise.

Doch zuerst zur Handlung: Der weibliche Disc-Jockey Mary Collins (Durbin) erhält eines Tages überraschenden Besuch des snobistischen Upper-Class-Grünschnabels Donald Read (John Dall). Dieser unterstellt ihr, eine Affäre mit seinem Grossvater gehabt zu haben, welcher ihr regelmässig Geldbeträge überwiesen haben soll. Nach dem Tod des Patriarchen sollen diese Zahlungen weitergeführt werden, was die Hinterbliebenen um jeden Preis verhindern möchten.
Mary, die keine Ahnung hat, wovon die Rede ist, stellt den jungen Snob in den Senkel und rauscht heim zu ihrer Tante, die übrigens auch Mary heisst...

Donalds jüngerer Cousin Charles (Donald O'Connor), der in Donalds Verlobte Clarissa (Helena Carter) verliebt ist, plant einen Plot, ihm diese mit Hilfe Marys auszuspannen. Dazu müsste Donald sich in Mary verlieben, was zu deren Entführung und weiteren Komplikationen führt.

John Dall wird in die (Liebes-)Zange genommen...
 
Was dabei schliesslich herauskommt, ist ziemlich schräg: Sweetheart Deanna Durbin verschmachtet in den Armen des späteren Hitchcock-Mörders John Dall (einer der Studenten aus Rope). Dall war bei Hitchcock perfekt besetzt, hier passt er mit seiner steifen, leicht säuerlichen Art zunächst gut, wenn er den reichen Geck gibt; doch als sein Charakter vom komischen Schnösel zum schmachtenden Lover mutiert, wird der Film unglaubwürdig und Dall fällt aus der Rolle. Durbin und Dall sind wahrschenlich das unpassendste Leinwandpaar aus dem alten Hollywood, das ich je gesehen habe.

Der vielgerühmte Tänzer/Komödiant Donald O'Connor (Singin' in the Rain, 1952) fällt mir einmal mehr mit seinen Routinegrimassen und -verrenkungen auf die Nerven, hinter denen der Mensch nicht sichtbar wird und dessen "Spässe" die Handlung nur aufhalten. Dasselbe gilt übrigens für sämtliche Gesangs- und Tanzeinlagen, die glücklicherweise meist recht kurz gehalten sind.

Donald O'Connor treibt "Spässe"
 
Es gibt in dem Film zwei herausragende Sequenzen. Die erste kommt kurz nach Filmbeginn, wenn Mary ihrer Tante erzählt, dass einer des Read-Clans ihr ein Affäre mit dem Familienpatriarchen vorgeworfen habe. Die Reaktion von Tante Mary (Jean Adair) ist in ihrem Understatement unbezahlbar; köstlich, wie da die wahre Geschichte
ohne Worte ans Licht kommt.

Die zweite grandiose Passage ist eine Gesangsnummer. Mary sitzt dank eines Winkelzuges des intriganten Onkels Chester Read (Charles Winninger) im Knast. Sie versucht, den Gefängniswärter so abzulenken, dass sie ihm die Zellenschlüssel vom Hosenbund klauen kann. Weil dieser sich
auf einen Gesangsauftritt beim abendlichen Polizeiball vorbereiten will, verwickelt sie ihn in ein Duett (das "Miserere" aus Verdis Oper Il trovatore). Völlig überraschend stellt der Polizist die Sängerin mit seiner Stimme weit in den Schatten - es handelt sich um den Opernsänger Jan Peerce in einem Cameoauftritt. Und auch hier ist es wieder das komische Understatement, das die Sequenz zum Leuchten bringt.
Daneben wirkt Donald O'Connors exaltiertes Gehampel völlig unpassend und wird leicht unangenehm als das erkennbar, was es ist: Als Konzession an den Massengeschmack.

Fazit: Something in the Wind ist wohl tatsächlich nicht Deanna Durbins bester Film. Doch ihre charismatische Ausstrahlung trägt ihn über seine zahlreichen Schwachstellen hinweg - ein Grund, mir weitere Durbin-Streifen vorzunehmen. Zwei wirklich gelungene Sequenzen und einige Nebendarstellerinnen und -Darsteller (Jean Adair, Margaret Wycherly und  Charles Winninger) machen den Film trotz seiner Schwächen zu einem ganz unterhaltsamen und streckenweise amüsanten Erlebnis.



Im deutschsprachigen Raum war Something in the Wind leider nie zu sehen. Deshalb hier der Link (englische Originalversion).


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