Sonntag, 5. Juni 2022

Das Leben des Brian (Life of Brian, UK 1979)


 

Regie: Terry Jones
Drehbuch:
Graham Chapman, Terry Jones, John Cleese, Eric Idle, Michael Palin, Terry GilliamMit Graham Chapman, Terry Jones, John Cleese, Eric Idle, Michael Palin, Terry Gilliam, Carol Cleveland u.a.

Life of Brian
ist eine schier endlose Prozession von meist gelungenen Gags, Absurditäten, Verballhornungen - mit der Erkenntnis, das Leben sei miserabel und absurd.
Gegen diese Erkenntnis setzt die englische Monty Python-Truppe bekanntlich das Lachen.
Deren zweiter richtiger abendfüllender Spielfilm setzt diese Philosophie konsequent und eindringlich um, verlässt dabei mit seinem stringenten, durchgängigen Konzept die Episodenhaftigkeit der TV-Serie und überflügelt diese noch. Man könnte Life of Brian als die Quintessenz der Pythonismus bezeichnen. Es ist der ernsthafte Versuch der legendären Truppe, das Leben als Witz darzustellen; es in all seiner Grösse und seiner Erbärmlichkeit zusammenzufassen - und vorzuführen, was man am besten tut, um nicht daran zu verzweifeln: Es einfach nicht ernst nehmen. Oder wie es im abschliessenden Song heisst:

Life's a piece of shit
When you look at it

Life's a laugh and death's a joke, it's true

You'll see it's all a show

Keep 'em laughin' as you go
!
Just remember that the last laugh is on you.

Der Film erzählt eine Geschichte aus Galiäa, von einem Mann, der zur Zeit Jesus von Nazareth gelebt hatte, genauer: die Lebens- und Leidensgeschichte des Brian - von Nazareth.
Der arglose Brian - der im Film den durchschnittlichen Everyman (von Nazareth) verkörpert - schliesst sich der "People's Front of Judäa" im Kampf gegen die unterdrückerischen Römer an, wird gefangen genommen, später dank einer Rede von einer fanatischen Meute von Anhängern als Erlöser verehrt und schliesslich zum Tod am Kreuz verurteilt. Und dort erklingt dann der oben zitierte, wohl ewig poluläre Song "Always Look on the Bright Side of Life", der den ganzen Irrsinn sehr schön zusammenfasst.
Brian ist die Identifikationsfigur für die Kinogänger; tatsächlich konnte ich mich in seinem Lebensgefühl wiederfinden, von lauter ideologie- und machtgesteuerten Dummköpfen umgeben zu sein.

Die vergangene Zeit klopfen die Pythons auf Analogien zum Heute ab - angesichts der Ereignisse der letzten Jahre ist der Film erstaunlich und erschreckend modern geblieben. Die Welt ist seit 1979 noch ein gutes Stück irrer geworden - wobei die grössten Veränderungen in diese Richtung in den beiden vergangenen Jahren passiert sind. Die Welt hat sich dem Film angepasst.
Es gibt im Film Unterdrücker, unsinnige Regulierungen, mehrere linksradikale Befreiungsfronten, eine in Einfalt dahindämmernde Bevölkerung, Gendersensibilitäten und den lächerlich vergeblichen Aufruf an die gesichtslosen Massen, sich nicht von aussen steuern zu lassen, weil doch jeder ein Individuum sei. ("I'm not!", ruft einer dazwischen.) Also all der Irrsinn, der das Menschsein in der Gesellschaft ausmacht - und man stellt fest: Er ist zeitlos.
Dieser Irrsinn wird von den Pythons ausgiebig und bis zur Kenntlichkeit übersteuert und durch die zeitliche Distanz als das entlarvt, was er ist.

"Ich glaubte, irgendein Handlanger der Natur hätte die Menschen gemacht und sie wären ihm nicht geraten", diesem Satz aus Hamlet würde die Python-Truppe wohl zustimmen.

Neben der Tatsache, dass Life of Brian den Unsinn des Lebens auf entwaffnende Weise blosslegt und aufzeigt, dass die Menschheit noch nie aus ihren Fehlern gelernt hat, besticht er durch einen entwaffnenden Witz, der nicht nur zeitlos ist, sonden oftmals genau den Kern der Sache trifft. Dass er dabei nie verletztend oder gar blasphemisch ist, macht ihn für für alle Schichten, Klassen, Gruppierungen, ja auch für niedere Sklaven geniessbar.

Je nachdem, wohin uns die derzeitige politische Situation und die dazugehörigen derangierten Politiker uns noch führen, wird der Film weiter an Brisanz gewinnen. Mir fällt kein anderes Kinowerk ein, von dem man dies sagen könnte...
Life of Brian ist, obwohl er filmhandwerklich eher zum Durchschnitt zählt, eine Sternstunde des Kinos und der Satire.

Das Leben des Brian ist sowohl auf Blu-ray als auch auf DVD erhältlich und kann bei einigen Anbietern auch online geschaut werden. Hier eine Auflistung... (Mein Tipp für Sprachbegabte: Unbedingt in der englischen Originalfassung schauen!)

Ferner liefen:
Unter diesem Titel werden hier andere von mir geschaute Filme kurz besprochen, Filme, die in meinem Empfinden gegenüber dem oben beschriebenen weniger gut abschnitten (in absteigender Reihenfolge):

Harold Lloyd, der Sportstudent (The Freshman, 1925)
Neben dem gloriosen Safety Last (1923) ist The Freshman wohl Harold Lloyds bekanntester und beliebtester langer Stummfilm. Grund genug, ihn mir nach Jahren wieder einmal anzusehen, diesmal ohne Fan-Brille. Und da konnte ich doch einige erhebliche Schwächen darin entdecken.
Zunächst einmal ist die Figur, die Lloyd hier spielt, zum Fremdschämen. Der junge Harold Lamb überschreitet mit seiner Schwärmerei für die College-Welt und seinem Bestreben, sich bei den Mitstudenten beliebt zu machen die Peinlichkeitsgrenze derart stark, dass man sich nicht darüber wundert, dass die Kommilitonen sich über ihn lustig machen. Seine Figur sollte Mitleid erregen, bewirkt beim Zuschauer aber eher das Gegenteil.
Dass sich der Film praktisch nur um Football dreht, wirkt für Nicht-Sportbegeisterte wie mich zudem eher ermüdend.
Dann gibt es zu viele Sequenzen, die über Gebühr in die Länge gezogen werden und einen Gag derart ausmelken, bis man ihn satt hat.
Es gibt allerdings auch zwei wirklich herausragende Sequenzen in dem Film, die das Anschauen dann doch lohnen: Die eine ist die Begegnung mit der zukünftigen Geliebten im Zug, wo Lloyds geniale Fähigkeit des verknappten Erzählens sehr schön beobachtet werden kann; die andere ist eine ausgefeilte Sequenz, in der Harold in einem schlecht genähten Anzug an einem Ball teilnimmt; dort nehmen die witzigen Einfälle und Variationen um geplatzte Nähte und abgetrennte Ärmel schier kein Ende mehr, und obwohl von vornherein klar ist, dass Harold am Schluss in der Unterwäsche dastehen wird - was schliesslich auch geschieht - ist der Weg dorthin mit so vielen schönen Gags gepflastert, dass man das unvermeidliche Ende zu akzeptieren bereit ist.
Wer den heute praktisch vergessenen Stummfilmkomiker Harold Lloyd, der damals mit Chaplin und Keaton in einem Atemzug genannt wurde, besser kennenlernen möchte, macht um diesen Film besser einen Bogen und beginnt erstmal mit Safety Last.
Ich staune über die grosse Popularität, welche The Freshman in Amerika geniesst - das gestrige Wiedersehen weckte eher den Verdacht, dass er der schwächste stumme Langfilm dieses grossen Komikers ist... Um dies zu verifizieren, müsste ich die anderen alle auch wiedermal gucken.
(Hmmm.... keine schlechte Idee!)

Logan Lucky (2017)
Die hinterwäldlerischen Gebrüder Logan (Channing Tatum und Adam Driver) planen einen ganz grosse Raubüberfall; dafür müssen sie aber erst einen gestandenen Bankräuber (Daniel Craig) aus dem Gefängnis befreien. Ein bischen viel für zwei unerfahrene Hobby-Gangster...
Steven Soderberghs Komödie pendelt zwischen (mehrheitlich) staubtrockenem Lakonismus und (wenig) Slapstick. Leider fand ich keinerlei Zugang zu den diffus und klischeehaft
gezeichneten Hauptprotagonisten, die mir bald mal den Buckel 'runterrutschen konnten. Logan Lucky hat mich deshalb nicht wirklich packen können. Gute Regieführung, immerhin.

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