Greenland (2020) Mit Gerard Butler, Morena Baccarin, Roger Dale Floyd, Scott Glenn u.a.
Regie: Ric Roman Waugh
Drehbuch: Chris Sparling
Ein US-Film, in dem eine weisse Familie im Zentrum steht und - das gibt es also noch, obwohl Hollywood sich gerade im Diversity-, Gender-, Frauenquoten- und Black-Lifes-Matter-Hype gefällt.
Ist der Grund für die vielen Kritiker-Verrisse vielleicht darin zu finden? Im Umstand, dass Greenland nicht ins vom Zeitgeist vorgeschriebene Gesinnungsmuster passt? Wirklich schlecht ist Ric Roman Waughs Film nämlich nicht. Es gibt darin ein paar Logiklöcher, zudem kann ich nicht überprüfen, ob der Streifen den neusten Stand der Wissenschaft wiederspiegelt oder nicht - aber das will ich auch gar nicht, da sich wissenschaftliche Exaktheit und stringente filmische Dramaturgie eigentlich gar nicht vertragen.
Greenland ist ein Katastrophenfilm - und somit dem Unterhaltungsgenre zuzuordnen. In seinem Zentrum steht eine amerikanische Familie, die dank Ehemüdigkeit der Eltern kurz davor steht, auseinanderzubrechen - für den neunjährigen Nathan (Roger Dale Floyd) eine Katastrophe. Die innere Katastrophe wird gespiegelt durch eine äussere - der riesige Komet, der laut Berechnungen eigentlich an der Erde hätte vorbeizischen sollen, rast direkt auf sie zu. Nichts kann ihn und seine tausende von Splittern stoppen, die Welt ins Chaos zu stürzen.
Fast von einem Moment zum nächsten kippt die saubere kleinstädtische Fassaden-Idylle in einen Albtraum aus Zerstörung und Chaos, die hirnerweichende Zufriedenheit des allgemeinen Wohlstandes weicht dem Kampf ums nackte Überleben. Für die beiden Eheleute im Streit (Gerard Butler und Morena Baccarin) zählt, nachdem jegliche Sicherheit und Perspektive weggebröckelt ist, plötzlich nichts anderes mehr als der Zusammenhalt der Familie und die Unversehrtheit ihrer Mitglieder. Die Beziehungskrise erscheint vor dem Hintergrund des drohenden Weltenbrandes als Luxusproblem.
Man rauft sich zusammen und durchlebt all die schrecklichen Momente, die so eine existentielle Bedrohung mit sich bringt - die meisten haben mit Mitmenschen zu tun, denen die drohende Katastrophe Tugenden wie Nächstenliebe und Mitgefühl ausgetrieben hat. Jeder ist sich selbst der nächste - davor sind auch unsere beiden Hauptfiguren nicht gefeit, und das ist auch gut so, denn alles andere wäre unglaubwürdig.
Greenland ist somit auf zwei Schienen spannend: Einerseits dank der inneren Entwicklung der Hauptfiguren, andererseits dank der Action, die so ein Katastrophenszenarium mit sich bringt. Und diese ist hier sehr gut in Szene gesetzt!
Natürlich bleibt vieles oberflächlich, was in erster Linie mit der Kürze zu tun hat, mit der das schwierige Thema in einem Kinofilm abgehandelt werden muss. Als TV-Miniserie hätte derselbe Stoff wesentlich tiefer und umfassender ausgearbeitet werden können.
Greenland ist gut geschrieben und gespielt und solide inszeniert. Kein schlechter Film!
Greenland lief vor dem Lockdown in den Kinos; dort würde er noch immer laufen...
Filmverrückt (Movie Crazy, 1932)
Mit Harold Lloyd, Constance Cummings, Kenneth Thomson, Spencer Charters u.a.
Regie: Clyde Bruckman & Harold Lloyd
Drehbuch: Vincent Lawrence
Der filmverrückte Tollpatsch Harold Hall (Lloyd) fährt nach Hollywood, im Irrglauben, für den Film entdeckt worden zu sein. Dort hinterlässt er nichts als Chaos und verliebt sich in eine hübsche Schauspielerin...
Harold Lloyds dritter Tonfilm zählt für viele zu seinen besten Nicht-Stummfilmen. Das mag sein, aber einem Vergleich zu seinen grandiosen Stummfilm-Komödien hält er trotzdem nicht stand; die Gründe dafür habe ich in meiner Besprechung seines ersten Tonfilms (Welcome Danger) bereits erläutert. Drei Jahre danach besann er sich zwar verstärkt auf seine Fähigkeiten im visuellen Bereich und es gibt Sequenzen, die funktionieren, doch die grandios inszenierte dialoglose Prügelsequenz am Schluss leidet darunter, dass jegliche Musikuntermalung fehlt. Der fast lautlos ausgefochtene Kampf erscheint auf diese Weise ernsthaft statt komisch und das Fehlen von Prügelgeräuschen - die 1932 noch nicht entdeckt worden waren - bremst seine Dynamik erheblich.
Wie bereits Welcome Danger krankt zudem auch Movie Crazy an zu vielen und zu langen schlechten Dialogsequenzen, welche den Film künstlich in die Länge und in die Langeweile ziehen. So ist die Liebesgeschichte zwischen Lloyd und Constance Cummings ein unergiebiges, ermüdendes Hin- und Her ohne wirkliche Komik.
Movie Crazy befindet sich in der hierzulande erschienen, inzwischen aber vergriffenen 10-DVD-Box "Harold Lloyd Edition", in welcher neben fast allen Tonfilmen des Komikers auch die grandiosen Stummfilm-Klassiker zu finden sind.
Schöne Bescherung (National Lampoon's Christmas Vacation, 1989)
Mit Chevy Chase, Beverly D'Angelo, Juliette Lewis, Johnny Galecki, Randy Quaid, Diane Ladd, E.G. Marshall u.a.
Regie: Jeremiah Chechik
Drehbuch: John Hughes
Im Jahre 1929 erschien ein Film namens Big Business, in welchem Stan Laurel und Oliver Hardy als Weihnachtsbaumverkäufer auftraten. Trotz der weihnachtlichen Thematik handelt der Film von Chaos und Zerstörung. Genau 70 Jahre später entstand mit National Lampoon's Christmas Vacation ein Film im Geiste des alten Stan & Ollie-Klassikers. Hier versucht ein braver Familienvater (Chevy Chase), eine schöne Familienweihnacht auf die Beine zu stellen - am Schluss liegt das Haus praktisch in Trümmern. Gekonnt inszenierter Slapstick à la Stan & Ollie ist in dieser Komödie ebenso zu finden wie feines schauspielerisches Understatement, hier wie dort halten sich das Grobe und das Feine die Waage. Das funktioniert wunderbar, nicht zuletzt dank eines gut gearbeiteten Drehbuchs, das mit einigen köstlichen Episoden und einer guten Portion anarchischem Humor aufwartet, hervorragenden schauspielerischen Leistungen und einer Regie, die das alles inszenatorisch schnörkellos auf den Punkt bringt.
In den USA gehört der Film zu den Festtagsklassikern - ein Blick lohnt sich auch für Nicht-Amerikaner. Er ist bei uns auf DVD und Blu-ray erhältlich, zudem führen ihn mehrere Streaming-Dienste in ihrem Programm. Fröhliche Festtage!
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