Montag, 17. Januar 2022

Seh-Empfehlung 32: Encanto (2021)

 

Beim neusten Computeranimationsfilm aus dem Hause Disney zog ich bereits nach den ersten fünf Minuten die Flucht in Erwägung. Da wird in einer kurzen Rückblende die tragische Geschichte des vor bösen Eroberern flüchtenden Ehepaares Madrigal berichtet. Als der Ehemann vor ihren Augen umgebracht wird und seine Gattin Alma mit drei Babys allein zurückbleibt, ereignet sich sogleich ein Wunder, welches dafür sorgt, dass Almas Nachkommen beschützt und behütet bleiben. Das wird mittels einer sinnlähmenden bildnerischen Kitsch-Explosion so explizit dargestellt, dass man kaum mehr dran denkt, sich zu fragen: Woher? Weshalb? Wozu? Und wieso schliesst das Wunder ein selbständig denkendes, lebendes Haus mit ein?
Diese Fragen werden auch später, im Verlauf der Handlung, nicht beatwortet.

Ich wollte mich schon aus dem Kinositz erheben, da wurde der erste Song geschmettert. Ach ja, ich vergass, Encanto ist ein Musical. Ganz in der guten, alten Disney-Tradition.
Im Lied "The Family Madrigal"  werden die einzelnen Familienmitglieder und deren Wunderkräfte vorgestellt. Und plötzlich platzt eine entwaffnende Verspieltheit der Inszenierung, eine Einfälle-Fülle und ein Witz ins Geschehen hinein, der mich das Vorhaben des Mich-Erhebens auf später verschieben liess.

Um es kurz zu machen: Ich bin dann bis zum Abspann sitzen geblieben.

Hat man lebendige Häuser und unerklärliche Wunder einmal akzeptiert - und der Film erleichtert einem diesen Schritt mit einer in hohem Tempo vorwärts dreschenden Handlung (will heissen: er lenkt damit geschickt von der Schwachstelle ab) - dann kann man sich dem entwaffnenden Charme nicht mehr entziehen.
Disneys Leute entfachen ein visuelles Feuerwerk, das wohl nicht zufällig an den Disney-Klassiker The Three Caballeros von 1943 erinnert, der auch in Südamerika spielte. Über den Zuschauer wird ein Füllhorn von Einfällen, Gags und Bildern ausgeleert, das schlicht wehrlos macht. Muss man das bemängeln?

Nein, die Lebensfreude in Encanto ist ansteckend und tut gut. Man kann zurücklehnen, den Film geniessen und sich am Einfallsreichtum der Inszenierung freuen (Jared Bush, Byron Howard & Charise Castro Smith) - im Wissen, dass am Ende sowieso alles gut kommt.

Bevor ich bei Encanto hängen geblieben bin habe folgende Filme wegen "nicht gut" abgebrochen:
- Ghostbusters
(1984)
Der originale Ghostbusters - mir gefiel der schon damals nicht: Ich fand ihn weder lustig noch originell. Der gleiche Effekt stellte sich bei der erneuten Visionierung fast 30 Jahre später wieder ein. Wieder empfand ich die Hauptfiguren als unsympathisch (Bill Murray) und fad (Dan Ayckroyd und Harold Ramis), und Sigourney Weaver erachte ich in diesem Film noch immer als fehl am Platz.
Schade. Es gibt Filme, die gewinnen mit den Jahren - Ghostbusters gehört nicht dazu.

Encanto läuft zur Zeit noch in einigen Kinos - die Blu-ray/DVD erscheint am 22. Februar.

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