Freitag, 8. April 2022

Mütter und Töchter (Mother and Child, 2009)


Die verbitterte mittelalterliche Pflegerin Karen (Annette Bening) wohnt im Haus ihrer betagten Mutter, pflegt diese bis zu ihrem plötzlichen Tod und geht danach zaghaft eine Beziehung mit ihrem Arbeitskollegen Paco (Jimmy Smits) ein.

Die smarte junge Anwältin Elizabeth (Naomi Watts) verzichtet auf ihrem rasanten Weg nach ganz oben auf zeitraubende emotionale Bindungen und erwartet nach einigen kurzen Affären ein Kind.
Die junge Lucy (Kerry Washington) möchte ein Kind adoptieren und lässt sich auf eine nervenaufreibende Verhandlung mit einem schwangeren Teenager (Shareeka Epps) ein.

Diese Film-Nacherzählung klingt lapidar und zunächst einmal alles andere als interessant. Ein Filmemacher mit Talent und Gespür für Zwischentöne kann allerdings etwas daraus machen. Rodrigo García ist so ein Filmemacher! Je länger Mother and Child dauert, desto packender wird die Erzählung, desto mehr Interesse weckt er mit geschickt platzierten erzählerischen Details für seine drei Hauptfiguren. Plötzlich werden Zusammenhänge erahnbar, welche die drei Einzelschicksale verbinden. Irgendwann wird deutlich, was das gemeinsame Thema der drei Geschichten ist - und dass diese sich auf einander zu bewegen.

Mich hat dieser Film in Staunen versetzt. Mit so wenig Mitteln lässt sich grosses Kino machen. Es braucht ein gutes Skript, einen guten Regisseur und gute Schauspieler. Alle drei Komponenten verschmelzen hier zu einem Ensemblestück von seltener Feinheit, von schlichter Schönheit und anrührender Menschlichkeit.
García enthüllt zunächst nur wenig von seinen emotional scheinbar vertrockneten Hauptprotagonisten Karen und Elizabeth. Doch je länger der Film dauert, desto deutlicher treten ihre Hintergründe zu Tage und desto verständlicher werden ihre seltsamen Verhaltensweisen.

Wie die drei Frauenschicksale zusammenhängen, das soll hier nicht verraten werden. Mother and Child ist zur gleichen Zeit ein stiller, melancholischer Film und eine emotionale Achterbahnfahrt, traurig und hoffnungsvoll, mit einem wunderschönen Schluss. Eigentlich ein unmöglicher Film.
Umso schöner, dass sowas entgegen aller Logik und Erwartung auf solch hohem Niveau möglich ist.

Garcías Film ist bei uns als Mütter und Töcher auf Blu-ray und DVD erschienen. Einige Anbieter führen ihn auch in ihrem Online-Sortiment.

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