Montag, 5. Dezember 2022

Der Mann, der Liberty Valance erschoss (1962)


Originaltitel:The Man who Shot Liberty Valance
Mit John Wayne, James Stewart, Vera Miles, Lee Marvin, Andy Devine u.a.
Drehbuch:
Willis Goldbeck und James Warner Bellah
Regie: John Ford

Als einen der grossen amerikanischen Filmklassiker bezeichnen viele Kritiker John Fords Der Mann der Liberty Valance erschoss. Einige halten ihn für den grössten Western aller Zeiten, zumindest aber für das beste Spätwerk des grossen John Ford (Früchte des Zorns, Der schwarze Falke). Zeit für eine kritische Würdigung.

Der junge Anwalt Ransom Stoddard (James Stewart) lässt sich im abgelegenen Kaff Shinbone nieder (zu Deutsch „Schienbein“). Die Bewohner des Ortes zittern vor Liberty Valance (Lee Marvin), einem üblen Ganoven, der mit seiner Bande die Leute terrorisiert. Einzig der Farmer Tom Doniphon (John Wayne), ein Haudegen von altem Schrot und Korn, hat keine Angst vor Valance; er rät dem Pazifisten Stoddard immer wieder, das Gesetzbuch gegen eine Pistole auszutauschen, was dieser entrüstet ablehnt. Bis sich der Konflikt zuspitzt und Stoddard keine andere Wahl mehr bleibt…

Der Film ist wohl tatsächlich Fords bestes Spätwerk – als „besten Western“ würde ich ihn allerdings nicht bezeichnen. Man schaut ihn mit Gewinn, wenn man sich auf die Beziehung der beiden gegensätzlichen Hauptprotagonisten konzentriert. Zwischen John Wayne und James Stewart, die hier erstmals gemeinsam vor der Kamera standen, entsteht eine Chemie, welche den Charakteren Tiefe verleiht und die ohne Worte verdeutlicht, dass sich die beiden im Grunde trotz ihrer zunehmenden Feindschaft respektieren und schätzen. Die beiden alten Film-Hasen tragen den Film und sind dessen Hauptattraktion – ungeachtet des Umstandes, dass beide für ihre Rollen sichtlich zu alt sind. Der zweite Vorzug liegt im sorgfältigen und zunehmend spannenden Aufbau der Erzählung, ein Verdienst, der zu grossen Teilen den Drehbuchautoren zukommt.

Thematisch ist der Film für das europäische Durchschnittspublikum von heute allerdings von eher geringem Interesse, da er die amerikanische Politik rund um die Entstehung des modernen Amerika aufarbeitet und die Mythen aufzeigt, auf denen die „neue Welt“ gründet. Liberty Valance ist ein Film, der einiges an Grundkenntnis der Geschichte Amerikas und /oder Interesse daran voraussetzt, um in seiner Grösse verstanden zu werden.

Wermutstropfen bilden der Hang einiger Nebendarsteller zum Schmierentheater, der mit zunehmender Filmdauer immer schwerer ins Gewicht fällt, und John Fords Regieführung, die - typisch für seine späten Filme - zwischen hervorragend und nachlässig schwankt.





 

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